Hexenkessel verhilft dem BHC zum Sieg

Der Bergische HC bleibt nach einer in jeder Hinsicht dramatischen Partie Tabellenführer der 2. Handball-Bundesliga. Gegen den HC Elbflorenz Dresden gewinnen die Löwen mit ganz viel Moral, einer guten Angriffsleistung und gewaltiger Unterstützung der 2153 Fans in der Wuppertaler Unihalle mit 32:31 (17:16). Eine Spielunterbrechung von 22 Minuten aufgrund eines medizinischen Notfalls hatte das Geschehen zwischendurch überschattet.

Es stand 20:20, als der Sport in den Hintergrund geriet. Ein Zuschauer musste – vermutlich mit Verdacht auf einen Herzinfarkt – gerettet werden. Die Mannschaften gingen in die Kabine, und Erinnerungen wurden wach an das BHC-Spiel gegen die HSG Wetzlar im Herbst 2021 am selben Ort. Damals war die Begegnung abgebrochen und wiederholt worden. In diesem Fall aber war der Zuschauer nach erfolgreicher medizinischer Versorgung wieder ansprechbar, so dass sich beide Teams auf die Fortsetzung des umkämpften Duells verständigten.

Bis dahin war schon sehr viel passiert. Der BHC erwischte keinen guten Start, lief schnell einem Drei-Tore-Rückstand hinterher. Je länger das Match dauerte, desto häufiger gelang es, den HC Elbflorenz zu stoppen. In einer ihrer besten Phasen trafen Djibril M’Bengue, Noah Beyer, Yannick Fraatz und Gerdas Babarskas vier Mal in Folge, um aus einem 9:12-Rückstand einen 13:12-Vorsprung zu machen.

Torhüter-Paraden blieben allerdings ein Defizit – letztlich auf beiden Seiten des Feldes. Die Gäste hatten zum Schluss acht gehaltene Bälle auf dem Konto, beim BHC waren es sogar nur vier – drei von Lukas Diedrich, eine von Christopher Rudeck. So blieb es ein umkämpftes Match, bei dem bis zur Halbzeit der BHC die Nase vorne hatte und sogar eine doppelte Unterzahl mit 1:0 gewann. Tomas Babak und M’Bengue stellten auf 17:15, durch einen spektakulären Kempa-Trick erzielten die Gäste mit der letzten Aktion der ersten Hälfte den Anschluss.

Sie kamen dann aber auch besser aus der Pause und legten mit 19:17 vor. Der BHC hatte es mit zwei Linkshändern im Rückraum versucht, was nicht funktionierte und einen schnellen Wechsel zurück zu Babak als Spielmacher zur Folge hatte. Der Tscheche, der in Halbzeit eins sogar relativ unglücklich begonnen hatte, übernahm immer wieder erfolgreich die Verantwortung und wurde mit jeder Spielminute wichtiger für seine Mannschaft.

Die Unterbrechung beim 20:20 ließ sich der BHC sportlich nicht anmerken. Das Energielevel war bei beiden Teams sofort wieder immens, das Publikum direkt wieder zurück im Spiel. Es entwickelte sich nun ein großer Kampf mit vielen knappen Entscheidungen, die entsprechend lautstark kommentiert wurden. Die Unihalle war nun ein echter Hexenkessel, in dem Eloy Morante Maldonado für ein hartes Einsteigen die Rote Karte sah und Noah Beyer unheimlich abgezockt von der Siebenmeter-Linie blieb. Sieben Mal musste er insgesamt ran, sieben Mal blieb er kalt.

Beim Stand von 28:27 machten die Dresdner wieder nicht viel aus ihrer Überzahl, so dass es der BHC war, der auf 29:27 stellte. Aron Seesing war der Torschütze auf Vorlage von Tomas Babak, der nun überragend agierte. Das 30:28 gelang auf demselben Weg. Und weil der HC Elbflorenz immer wieder sofort mit einem eigenen Tor antwortete, ließ der Druck auf die BHC-Offensive auch nicht nach. Babak blieb das Maß der Dinge – der Kapitän erzielte den 31. und 32. Treffer der Gastgeber kurzerhand selbst. Wenig später durften die Löwen jubeln.

Löwengebrüll – Stimmen zum Spiel
André Haber: „Ich möchte das Wichtigste voranstellen: Ich hoffe, dass es der Person, die medizinische Hilfe in der Halle gebraucht hat, jetzt besser geht. Zum Spiel: Ich glaube, dass wir heute sehr gut ins Spiel gekommen sind. Wir wussten, was der BHC vor allem zu Hause im Stande ist zu leisten. Schon einige Mannschaften sind hier unter die Räder gekommen. Und wir wollten ein Spiel haben auf Augenhöhe. Natürlich ist es schade, dass bei uns zwei Alternativen mit Sebastian Greß und Mindaugas Dumcius ausgefallen sind. Ich finde aber, wir haben das heute gut kompensiert und über 60 Minuten einen harten Kampf um zwei Punkte geboten. Auch in die zweite Halbzeit starten wir besser, aber schaffen es insgesamt nicht, daraus so Kapital zu schlagen, dass wir den BHC zu Hause richtig nervös machen. Wir haben nie mit drei, vier Toren Abstand geführt, was auch daran liegt, dass der BHC offensiv ebenfalls eine gute Leistung zeigt. Zum Schluss ist es dann für mich wie ein Münzwurf: In den letzten fünf Minuten sind es Kleinigkeiten, die das Spiel entscheiden. Für uns gilt es zu regenerieren und dann am nächsten Freitag endlich mal wieder ein Heimspiel zu gewinnen. Das wird ein hartes Spiel, aber darauf bereiten wir uns vor.“
Markus Pütz: „Die besten Grüße und Genesungswünsche gehen raus an die Person, die die Halle leider verlassen musste. Zur Analyse: Wir kommen maximal schlecht ins Spiel. Nach dem 2:2 können wir erst zum 12:12 wieder ausgleichen. Die Dinge funktionieren nicht so, uns rutschen Bälle einfach so durch und wir haben auch leider nicht so die Unterstützung aus dem Tor. In Summe kommen wir auf vier Paraden, was definitiv zu wenig ist. Auch dadurch haben wir dieses enge Spiel. Was man der Mannschaft zugutehalten muss, ist, dass wir über die Moral zurückkommen. Es ist nicht einfach auch gerade mit dem Beginn der zweiten Halbzeit, wo wir wieder keinen guten Start haben, so dranzubleiben. Unter dem Strich war es wichtig zu gewinnen. Dass wir nach den Auswärtsspielen nicht unbedingt so eine breite Brust haben, versteht sicherlich jeder. Wir brauchen Trainingseinheiten um daran zu arbeiten. Momentan schleppen wir uns von Spiel zu Spiel und haben nur ein oder zwei taktische Einheiten dazwischen. Dementsprechend bin ich froh, dass wir zumindest eine Einheit mehr zur Vorbereitung gegen Balingen haben. Und dann sind wir froh, wenn diese Zeit mit neun Spielen in knapp 30 Tagen vorbei ist. Wichtig war es jetzt hier mit zwei Plus-Punkten rauszugehen und das haben wir geschafft – auch wenn uns die Art und Weise nicht so gefallen hat. Aber das werden wir aufarbeiten.“
Fabian Gutbrod: „Wir sind froh, dass wir gewonnen haben. Es war auch nicht unverdient. Man kann darüber diskutieren, dass es glücklich ist – das ist im Endeffekt egal. Wir gehen nicht gut ins Spiel und kommen auch nicht gut aus der Halbzeit. Über das ganze Spiel haben wir zu wenige Torhüter-Paraden für die Abwehr, die wir stellen. Das ist auch der Hauptgrund, warum es so ein enges Spiel ist. Im Tempospiel machen wir es gut, im Angriff finden wir auch immer wieder Lösungen, obwohl da Luft nach oben ist. Am Ende haben wir zwei Punkte gegen ein Team, das dieselben Ambitionen hat wie wir. Wir haben keine ideale Leistung abgerufen – trotzdem können wir stolz sein.“

Bergischer HC – HC Elbflorenz 2006 32:31 (17:16)
Bergischer HC: Rudeck, Diedrich – Beyer (10/7), Granlund, Babarskas (3), Servos, Babak (3), Morante (3), Gislason, Seesing (2), Thiele, M´Bengue (5), Scholtes (1), Wasielewski (1), Fraatz (4), Fuchs. Trainer: Arnor Gunnarsson
HC Elbflorenz 2006: Mallwitz, Cantegrel – Wucherpfennig (5/3), Dierberg (4), Klepp, Pehlivan (1), Stavast (5), Döbler, Dutschke, Thümmler (2), Possehl (1), Löser (8), Seidler (5). Trainer: André Haber
Schiedsrichter: Hanspeter Brodbeck und Simon Reich
Siebenmeter: 7/7 – 3/3
Zeitstrafen: 5 – 3 (Beyer, M´Bengue, Barbaskas (2), Seesing – Pehlivan (2), Löser)
Rote Karte: Morante